Welche Lerntypen gibt es und welcher Lerntyp bin ich?

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Die Lerntypen nach Vester geben uns ein besseres Verständnis darüber, wie wir persönlich am effektivsten lernen und bei der Aufnahme neuer Informationen das Beste aus uns herausholen. Vergiss das Sprichwort “was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr” – Frage dich stattdessen lieber “welcher Lerntyp bin ich eigentlich?”. In diesem Artikel zeige ich dir, wie auch du auf diese Weise effektives Lernen völlig neu entdecken kannst.

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Warum sollte ich meinen Lerntyp überhaupt herausfinden?

Eines ist klar: Zum Lernen gibt es noch genug. Vielleicht entscheidest du dichw dafür, einen alternativen Berufs- oder Schulweg anzustreben; die Firma, in der du arbeitest entscheidet sich, nun ein anderes Softwareprogramm zu benutzen oder du musst von nun an mit Kunden aus dem asiatischen Raum in Kontakt sein, hast aber keine Ahnung welche Kulturkompetenzen du dafür benötigst?

Vor allem wenn das Schulbank drücken schon eine gefühlte Ewigkeit her zu sein scheint, können derartige Veränderungen ein mulmiges Gefühl hervorrufen. Was dagegen hilft, ist Kenntnis. Damit ist nicht gemeint Themen auswendig zu lernen, sondern sich selbst zu kennen – zu wissen, wie man persönlich am effektivsten lernt um das Beste aus sich herausholen zu können.

Kurz gesagt: Finde deinen Lerntyp heraus und fange an richtig zu lernen!

Was sind Lerntypen?

Weit über 7 Milliarden Menschen bevölkern unsere Erde – alle einzigartig, alle verschieden. Jeder davon sollte sich – im Idealfall – die Zeit nehmen und herausfinden, auf welche Art und Weise er am besten lernt. So kannst du bessere Erfolge in kürzerer Zeit feiern und dazu mit einem effektiveren Lernweg.

Die Lerntypen beschreiben im Grunde genommen nur, welchen Wahrnehmungskanal du als Individuum zur Aufnahme und Speicherung neuer Informationen bevorzugst. Bist du der Typ, der ein konkretes Bild zu einem Lernbereich vor Augen braucht oder lernst du am besten einfach durch wiederholtes Zuhören? Oder ist bei dir der Tastsinn besonders ausgeprägt?

Bestimmt hattest auch du einmal einen Schulkamerad, der in seiner ganzen Schullaufbahn nie die Hand zum Stift zücken musste, um sich Notizen machen zu müssen und dennoch immer die besten Noten geschrieben hat. Vielleicht hatte dieser einfach das Glück, seinen idealen Lerntyp früh herausgefunden zu haben.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht die ganze Erdbevölkerung nach Lerntypen zu bestimmen, denn wie gesagt könnten wir alle unterschiedlicher nicht sein. Es geht also viel mehr darum, eine dominante Veranlagung im Lernprozess des Einzelnen zu erkennen, als die Menschen in unterschiedliche Töpfe zu werfen.

Einer, der es gewagt hat diese Kategorisierung vorzunehmen, war der deutsche Professor und Systemforscher Frederic Vester, der in den 70er Jahren in dem Bereich Pionierarbeit leistete.

Wer ist Frederic Vester?

Vester wurde 1925 in Saarbrücken geboren. Seine akademische Karriere führte ihn als Post-Doc an die Universität Yale, als Professor an die Universität München und als Gastprofessor an die Hochschule St. Gallen.

Frederic Vester zählt zu den Leitfiguren der Umweltbewegung und zu den Ersten, die den Begriff „Vernetztes Denken“ verwendeten. Auch die Gebiete, zu denen er forschte, zeigen sein Interesse für Umwelt und kognitiver Forschung: Krebsforschung, Kernenergie und Strahlenbelastung (Stichwort Tschernobyl), Gesundheitspolitik, Entwicklungspolitik und Ökologie.

Kein anderer hat den Begriff „Lerntyp“ so geprägt wie der deutsche Forscher, Professor und Autor. Schließlich fand er durch ihn erstmals Einzug in die Literatur, in Vesters Bestsellerwerk „Denken, Lernen, Vergessen“ von 1975. Hier stellte sich Vester eben der Herausforderung herauszufinden, welchen Kanal ein Lernender bevorzugt.

Er unterschied zwischen auditiven, visuellen, haptischen und kommunikativen (verbal-abstrakten) Kanälen, ihm wurde aber schon bald bewusst, dass Mischformen viel weiter ausgeprägt sind. Von einem Großteil der deutschen PädagogInnen wurden Vesters Hypothesen wohlwollend aufgenommen.

Lerntypen Übersicht: Welche Lerntypen gibt es überhaupt?

Frederic Vester entschied sich nach seinen Forschungen für die Einteilung der Lerntypen in 4 Kategorien. Seiner Lerntypentheorie nach gibt es visuelle Lerntypen, auditive Lerntypen, motorische Lerntypen und kommunikative Lerntypen. Die eigene Lernkompetenz kann durch Lernmethoden, die auf den Lerntypus abgestimmt sind, stark gesteigert werden.

Visueller Lerntyp: Bilder sagen mehr als Worte

Visueller Lerntyp

Dieser Lerntyp findet es besonders ansprechend mittels einer visuellen Erfahrung oder Information zu lernen – er lernt mit dem Auge. Inhalte werden besser aufgenommen, wenn sie mehrmals gelesen und beobachtet werden. Auch bildliche Darstellungen wie Diagramme haben sich als fördernde Lernstrategie bewiesen. Oft greift dieser Lerntyp auf selbst angefertigte Notizen, Karteikarten und Skizzen zurück.

Im visuellen Modus spielen auch Layout und Farben eine wichtige Rolle: Textüberschriften, Muster und Designs erleichtern seine Informationsaufnahme. Der Lernende arbeitet strukturiert, genau und hat immer den Überblick über seine Lernmaterialien. Zu seinen Stärken zählen:

  • Detailtreue
  • Logisches Arbeiten
  • Strukturiertheit

visueller lerntyp

Um optimal aufnahmefähig zu sein, braucht der visuell orientierte Lerntyp auch Ordnung an seinem Schreibtisch. Beim visuellen Lerntyp handelt es sich meist um einen eifrigen, arbeitsamen Lerner, der die Lehrmaterialien, die er vom Lehrer oder Professor bekommen hat, erweitert, indem er Lernkarteien, Hervorhebungen durch verschiedene Farben oder eigene Zusammenfassungen anfertigt.

Lernstrategien für den visuellen Lerntyp

  • Eigene Mitschrift
  • Farbige Markierungen
  • Visuelle Darstellung der Sachinhalte (Abbildungen, Graphen, Diagramme)
  • Poster oder Post-Its im Raum verteilen
  • Videos und Filme schauen
  • Randnotizen

Auditiver Lerntyp: Sprich mit dir (selbst)

Audtiver Lerntyp

Der auditive Lerntyp verlässt sich hauptsächlich auf seinen ausgezeichneten Gehörsinn und nimmt auf diesem Wege Informationen am effektivsten auf. Dennoch gleicht kein Mensch dem anderen und somit gibt es auch hier Unterschiede: Manche bevorzugen es, still dem Vortrag eines Dozenten zu lauschen, andere speichern Inhalte am besten ab, wenn sie sie einer anderen Person vortragen oder gar Selbstgespräche führen.

Auditive Lerntypen kommen gut mit dem klassischen Frontalunterricht an Schulen und Universitäten zurecht. Sie machen auch bei mündlichen Prüfungen eine besonders gute Figur und sind hervorragend im auswendig lernen. Sowohl das Pauken von Vokabeln als auch das Einprägen von Gedichten fällt ihnen leicht. Wenn du bemerkt hast, dass beispielsweise dein Kind gute Fortschritte mit auditiv lernen macht, kannst du versuchen Texte aus den Schulbüchern laut vorzulesen oder mit einer Tonaufnahme-App zu arbeiten.

auditiver lerntyp

Gestört fühlen sich auditive Lerner, schnell durch fremde Geräusche, die im Konflikt mit dem eigenen Workflow stehen. Hierzu zählt das im Hintergrund laufende Radio ganz genauso wie eine unterschwellige Unterhaltung oder die im Garten zwitschernden Vögel. Ideal zum Lernen ist daher ein neutraler Raum, der gedankliche Abschweifungen verhindert.

Auditive Lerntypen können Lerninhalte gut miteinander verknüpfen und sowohl gut zuhören, als auch erzählen. Zu ihren Stärken zählen eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und schnelle Auffassungsgabe.

Lernstrategien für den auditiven Lerntyp

  • Lernmaterialien laut besprechen (auch alleine)
  • Vorträge besuchen
  • (eigene) Tonaufnahmen und Podcasts hören
  • Mündliche Erklärungen
  • Ruhiges Lern-Ambiente wählen
  • Hörbücher und Videos hören
  • Lernstoff verbalisieren

Haptischer Lerntyp: Learning by Doing

haptischer lerntyp

Der haptische Lerntyp, auch kinästhetischer Lerntyp genannt, setzt viel Wert auf Berührung und Bewegung. Am besten erinnert er sich an Inhalte, die er sozusagen am eigenen Leib erfahren hat – sein Motto lautet: „Learning by doing!“

Es handelt sich um einen aktiven Lerner, der die Lerninhalte mit den eigenen Erlebnissen, Gefühlen und Handlungen verknüpft. Beim Lernen ist dieser Typus ständig in Bewegung, läuft durch die Wohnung und unterstreicht das Gesprochene mit Gesten.

Auch wenn der haptische Lerner nachdenken oder den Kopf frei kriegen will, tut er dies meist in Bewegung beim Spazieren gehen. Er ist ein Lerntyp der auch gerne mit anderen bei Gruppenarbeiten oder Rollenspielen zusammenarbeitet und ist gerne mit den Händen am Werk (beispielsweise bei Experimenten oder technischen Arbeiten).

haptischer lerntyp

Der haptische Lerntyp ist ein motorischer Lerner mit einer praktischen Orientierung und daher ideal für Labor- und Gruppenarbeiten geeignet. Problematisch können trockene, theoretische Lernbereiche sein – hier gilt es, eine Methode zu finden, die Inhalte „greifbar“ zu machen.

Wenn es darum geht, eine neue Fähigkeit zu erlernen oder ein neues Thema anzugehen, ist dieser Lerntyp meist hellauf begeistert. Er würde sich allerdings am liebsten schnurstracks in den lustigen und praxisorientierten Teil stürzen und dabei die Theorie außer Acht lassen. Hier gilt es einen Mittelweg zu finden.

Haptischer Lerntyp Lernstrategien

  • Bewegung
  • Gruppenarbeiten und Rollenspiele
  • Lernmaterialien zum Anfassen
  • Praktische Anwendungsbeispiele
  • Ausprobieren (Learning by Doing)
  • Konzentrationshelfer (z.B. Stressbälle)

Intellektueller Lerntyp – Lernen durch Konfrontation

intellektueller lerntyp

Der intellektuelle Lerntyp scheint schon etwas komplexer zu sein –  er wird auch kognitiver, abstrakt-verbaler oder kommunikativer Lerntyp genannt.

Diese Art von Lerner hat sich bereits visuell und auditiv mit den Lerninhalten beschäftigt, benötigt aber für den nächsten Schritt den Austausch mit anderen Personen.

Intellektuelle Lerner speichern Inhalte gut ab, sobald sie beginnen eine Thematik zu hinterfragen und zu durchdenken. Hierfür sind Lerngruppen, Diskussionsrunden und allgemein Gespräche die perfekte Lösung.

Der intellektuelle Lerntyp ist sehr gut im kritischen Hinterfragen von Inhalten, idealerweise erfolgt dies in Zusammenarbeit mit einem anderen kommunikativem Typus. Man könnte also sagen der intellektuelle Lerntyp gesellt sich gern zu seinesgleichen: Durch das Erklären in eigenen Worten kann er auch komplexe Thematiken leicht verstehen.

Seine Schwierigkeiten hat er bei trockenem Unterrichtsstoff, aber auch hier hilft der Austausch mit den Seinigen. Seine Stärken liegen in der Verständigung, er ist aktiver Mitgestalter im Unterricht und überzeugt durch seine hohe Motivation.

kommunikativer lerntyp

Intellektueller Lerntyp Lernstrategien

  • Aktives Sprechen & Nachdenken
  • Kritisches Hinterfragen, diskutieren und analysieren
  • Gruppenarbeiten
  • Freunde und Familie in den Lernprozess einbauen
  • Lernvideos, Dialoge
  • Rollenspiele (Interview, Quiz, Frage-Antwort-Spiel)
  • Foren, Chats, Skype

Andere Typen

Neben den oben genannten Lerntypen haben es noch einige weitere in die Liste geschafft, finden aber weniger Beachtung: der personenorientierte und der medienorientierte Lerntyp.

Ersterer hat einen unglaublich starken Bezug zur Person, die ihm den Unterricht näher bringen soll. Ist die Beziehung zu dieser Person gut, lernt der Personenorientierte sehr rasch und problemlos, im umgekehrten Falle treten viele Schwierigkeiten auf und er kann sein Potential nicht nach außen bringen.

Medienorientierte Lerntypen schwören auf technische Medien, quasi auf den virtuellen Lehrer. Generell ist dieser Typus sehr technikaffin, begeistert sich schnell für Neues und arbeitet gerne alleine und in Ruhe. Zum Lernen, aber nicht nur, verwendet er natürlich einen Computer.

Fazit

Auch wenn die Lerntypen nach Vester im Laufe der Zeit oft widerlegt, vermeintlich verbessert oder für blödsinnig erklärt wurden, kann man dennoch abschließend sagen, dass er auf diesem Gebiet herausragende Arbeit geleistet hat. Während Vester eher für die strikte Einteilung in eine Lernkategorie stand, sich aber der Mischkategorien durchaus bewusst war, gilt diese Annahme heute als nicht korrekt. Viel mehr ist man sich heute einig, dass so gut wie jeder ein Mischtyp ist.

Wozu also die ganze Aufteilung? Lernen bringt uns weiter, auch das Lernen wie man richtig lernt. Es gilt also herauszufinden, welche unserer Sinne wir am liebsten beanspruchen und wie wir am besten unsere Lernziele erreichen können. Dass dabei mehr als ein Sinn zum Einsatz kommt, geschieht meist unbewusst und ist ein wahrer Segen. Zahlreiche Studien haben nämlich gezeigt, dass unser Gehirn effektiver arbeitet, wenn unsere Sinne zusammenarbeiten und gedankliche Verknüpfungen herstellen.

Eine Lern-Methode, bei der die visuelle und auditive Wahrnehmung gefordert werden und dazu selbst diskutiert und agiert wird, verspricht also einen hohen Erfolg und einen Merkanteil der Informationen von bis zu 90%. Im Vergleich: Verlässt man sich nur auf die auditive Wahrnehmung hat man bloß einen Merkanteil von 20%. Eine audiovisuelle Lernmethode (sprich Aufnahme durch Hören und Sehen) hingegen verspricht bereits einen Merkanteil von 50%. Die Lerntypentheorie beschreibt also „nur“ Methodenschwerpunkte und kann uns behilflich sein, die eigenen Lernmethoden zu optimieren.

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